Überraschend sehr gute Sendung!
Es war insbesondere sehr spannend Herrn Freitag zuzuhören, finde aber auch, dass sich die Gäste gut ergänzt haben.
Ich selbst habe mich auch einige Zeit aktiv mit Astrologie beschäftigt, es dann aber sein lassen und meine Meinung dazu geändert.
Aus meiner heutigen Sicht, ist sie nicht mehr als ein projektives Verfahren (eine Interpretationsvorlage) und die Sendung hat mich in dieser Annahme noch bestärkt.
Gerade Herr Freitag gab die Hinweise, dass ein Horoskop für sich, völlig nutzlos ist und erst in der Interaktion mit dem Menschen und seiner Geschichte (seinem Charakter) brauchbar wird. Klar, wenn ich ein System habe, mit dem ich psychische Strukturen ordnen und erklären kann, ist das ein höchst sinnvolles Instrument. Ich weiß nicht ob ich ihn da richtig verstanden habe, aber mir schein seine Forderung nach mehr Exaktheit auch in diese Richtung zu gehen.
Dass Astrologie nicht ohne individuellem Menschen und seinen Wahrnehmungen (Intuitionen) funktioniert, kann man als bewiesen ansehen. Wäre dem nicht so, wären Computer die besten Astrologen, in der Tat sind sie aber außer zur Berechnung des Radix unbrauchbar.
Was der Astrologe macht, ist eine überkomplexe Infromationsflut auf ein bestimmtes Individuum hin zu reduzieren. Wenn er das gut kann, den Kunden gut lesen kann, dann kommt dabei etwas für die betreffende Person sinnvolles heraus.
Letztendlich kommen in jedem Horoskop alles astrologischen Grundaspekte irgendwo vor und wenn nicht offensichtlich, dann werden die Astrologen eben kreativ und berechnen noch diesen und jenen Aspekt und siehe da, irgendwo findet man dann das fehlende Glied.
Darüber hinaus spielen viele andere psychologische Faktoren eine Rolle, z.B. der Barnum Effekt. Er bezeichnet die Neigung von Menschen, vage und allgemeingültige Aussagen über die eigene Person so zu interpretieren, dass sie als zutreffende Beschreibung empfunden werden. Es gibt zum Thema Astrologie wissenschaftliche Forschung, die über solche psychologischen Effekte hinaus keine Hinweise auf eine Gültigkeit ergeben haben. Herr Freitag hat das selbst angesprochen!
Dass sich eine Zeitqualität an den Sternen ablesen lässt, scheint sehr unwahrscheinlich. Auch Frau Ridere hat ja eine alternative Deutung angeboten, nämlich, dass sich die Menschen vielleicht eher an die im kollektiven Unbewussten verankerte Astrologie anpassen, als dass es tatsächlich irgendeinen Effekt gibt.
Ob ich Astrologie, Numerologie, Kartenlegen, die Kristallkugel, den Rohrschachtest oder auch einfach meine blanke Wahrnehmung nehme, wenn ich ein guter Psychologe (Seelenkenner) bin, werde ich einem anderen Menschen helfen können, sich selbst besser zu verstehen.
Wenn ein System wie die Astrologie oder besser gesagt, einzelne Spielarten von ihr, eine tiefgreifende Psychologie entwickelt hat, dann ist das ein Wert für sich, der aber nichts mit Konstellationen zu tun hat, sondern eine sinnvolle Veranschaulichung menschlicher Eigenschaften und Aspekte in ihrer Dynamik ist. Daneben gibt es noch viele andere Einteilungen, die ebenfalls funktionieren. Die Numerologie arbeitet im Wesentlichen mit 9 Aspekten und auch sie kann erstaunlich erhellende sein. Auf die Methode kommt es eben nicht an, eher darauf wie gut die Menschenkenntnis dahinter ist.
Für eine künftige Sendung oder auch falls einer der Gäste hier mitliest, würde ich mir gerne Gegenargumente anhören, warum es dennoch auf das Radix ankommt. Aus der Sendung heraus, habe ich diesbezüglich allerdings nichts heraushören können. Herr Freitag hat ja noch selbst betont, dass das Radix ja überhaupt nur andeutungsweise etwas mit realen Gestirnen zu tun hat. Daneben gibt es ja unterschiedlichste Systeme/Schulen innerhalb der Astrologie, ebenfalls von Herrn Freitag beklagt, die alle für sich in Anspruch nehmen werden, dass sie funktionieren. Das mag auch sein, aber eben aus ganz anderen Gründen.
Tatsächlich wiederholt sich in allen esoterischen Disziplinen immer wieder das gleiche Prinzip. Seien es verschiedene Chakren- und Meridiansysteme, verschiedene Heilsymbole, Bewegungssysteme, vier Elemente, fünf Elemente, diese oder jene Essenzen, Kristalle, Simileprinzip oder doch wieder das Gegenteil. Jeder findet ein System, das zu funktionieren scheint und ist geneigt es zu verteidigen, obwohl hier etwas nicht stimmen kann.
Der gemeinsame Nenner ist lediglich die Informationsstrukturierung und eine Ausrichtung des Bewusstseins auf eine bestimmte Wirkung hin. Alles andere - und so schmerzlich diese Entzauberung auch ist - , scheint beliebig zu sein. Am Ende ist die Welt einfacher und Nüchterner, als der "Fisch im Mensch" sich das wünscht. Die Werkzeuge werden deswegen nicht nutzlos, da wir Strukturierung brauchen, aber sie verlieren ihren Zauber, ihr Geheimnis. Und nicht zuletzt, verlieren sie ihren Wahrheitsanspruch und mit dieser narzisstischen Kränkung muss man leben...
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