2016 habe ich „Sagen aus der Hallertau“ von Emmi Böck gelesen. Die Hallertau ist eine Hopfenanbauregion in Bayern.
Die Sagensammlung ist größtenteils in klassischer Feldforschung erarbeitet worden, die Autorin ist quer durchs Land gefahren und hat Menschen zu Sagen, eigenen Erfahrungen und Memorata von Verwandten befragt.
Die geschilderten Ereignisse erheben laut den Berichterstattern den Anspruch sich so abgespielt zu haben. Aufschlussreich sind auch hier wieder die Lichterscheinungen die praktisch flächendeckend beschrieben worden sind!
Im „Abspann“ des Buches, auf Seite 250, findet sich der Hinweis auf eine verbreitete Lichterscheinung die als „Hallertauer Licht“ bezeichnet worden ist und VOR dem WW¹ für Aufregung sorgte.
Ein Dr. Georg Schranner aus Frasdorf schrieb Emi Böck 1968:
„Von einem Irrlicht, dem sogenannten Hallertauer Licht, das vor dem Ersten Weltkrieg in meiner Heimat herumgeisterte und viel Aufsehen erregt hat, könnte ich Ihnen näher berichten...“.
Lichter
► Abendsberg: „Ein Bub ist am Sonntag in der Stadt gewesen […]. Außerhalb der Stadt ist der Aumühla Berg. Über den hat er gehen müssen. Beim Aufgehen ist ihm ein Licht in den Weg gekommen […]. Wie das Licht ganz nah bei ihm war […] kriegt er eine Ohrfeige, dass ihm der Kopf gewackelt hat. Das Licht ist dann schnell verschwunden“. [S. 15, übersetzt aus der Mundart]
Das diese Lichter Elektroschocks abgeben, die volkstümlich als „Ohrfeigen“ gedeutet wurden, wird immer wieder beschrieben.
► Freising [bei München]: „In der Nähe von Freising […], stand [...] ein grünes Licht, und die Pferde gingen nicht mehr vorwärts. […] Sogleich verschwand dann das grüne Licht, und das Fuhrwerk konnte wieder weiter.“ [S. 21f]
► Berg bei Leibersdorf: „Einheimische kennen den Feldweg, der von Herrenau nach Berg führt. […] Auf diesem Weg soll es früher nicht immer geheuer gewesen sein. Vor allem in nebeligen Herbst- und düsteren Winternächten [=Halloween-Effekt] hat man des öfteren Blendlichter gesehen, die sich hin und her bewegten. Sie haben nicht nur am Bergkamm aufgeleuchtet und sind wieder erloschen, sondern sind auch tiefer gegen das Dorf sichtbar gewesen“. [S. 24f]
► Fürholzen: „…sind da so feurige Lichter bis nach Fürholzen mit, wenn da einer gegangen ist“. [S. 41]
► Geroldshausen: „Die Leute haben erzählt, dass da auf der Straße von Geradhaun nach Geisnhausn [=Ortsschreibung in Mundart!] […] immer wieder […] Lichter ungegangen sind, hauptsächlich im November und Dezember“. [S. 54, übersetzt aus der Mundart]
► Grafendorf: „Zwei Näherinnen von Grafendorf sind bei der Nacht in der Allerseelenzeit in der Stör gewesen, und die haben […] ein Licht über den Forst fliegen sehn. […] Das Licht ist mitgeflogen mit ihnen über den Forst“. [S. 60]
„Da ist immer ein Licht über dem ‚Wegmo-Berg’ […] runtergekommen. Da war ein Sumpf, und da hat es sich immer innerhalb vom Markstein hingesetzt. Die Kinder haben sich gefürchtet, und da war einmal der Senger, und der hat eine Mistgabel gepackt und hat auf das Ding eingestochen. Da hat es einen furchtbaren Schrei getan und es ist verschwunden“. [S. 61, übersetzt aus der Mundart]
► Großgundertshausen: „Meine Mutter hat erzählt, in der Allerseelenzeit sind sie einmal mit dem Roßfuhrwerk in der Früh um fünf Uhr nach Landshut in die Mühle gefahren. Fünf Stunden sind sie schon gefahren von Großgundertshausen weg. Und da sind sie an der Straße entlang und haben allerweil ein Licht gesehen, und das Licht ist immer am gleichen Platz auf und ab“. [S. 62]
► Haushausen [Hügel]: „Auch ein Licht ist schon gesehen worden, das um Mitternacht den Berg [=Hügel!] herumwanderte und beim Weiherbauern-Marterl verschwand“. [S. 72]
► Heising: „Von mehreren Leuten wird erzählt, dass im unteren Teil des Tannenholzes, auf dem Weg von Heising nach Wieden, schon öfter ein Lichtlein gesehen wurde, das sich hin und her bewegte“. [S. 73]
► Herrnwahlthann: „Man erzählt von Mooslichtern […], die öfter gesehen wurden. Am Gehsteig zwischen Großmuß und Herrenwahlthann […], hat so mancher spät Heimkehrer um Mitternacht Lichtlein wahrgenommen, die immer auf- und ausgingen. Wollte man ihnen nachgehen, so verschwanden sie und tauchten auf ganz seltsame Weise einmal hinten und dann wieder vorne auf“. [S. 76]
► Jebertshausen: „Zwischen Jebetrshausen und Wolnzach […] sah man jede Nacht […] ein Licht […] es war unheimlich, wenn man bei Nacht auf der Straße ging und hundert Meter entfernt in der Wiese das Licht sah. Das Licht verschwand dann“. [S. 88]
► Kohlstatt: „Wenn man in den hinteren Aichmühl-Wald geht, findet man einen kleinen Weiher. […] Die Kohlstätter gingen einmal […] dorthin. Ein Licht stieg aus dem Weiher. […] Ein heftiger Wind begann. Ein Kohlstätter wollte das Licht packen, aber er fiel bewusstlos zu Boden. Der Schrecken erfasste sie alle. Sie trugen den Mann heim. Zwei Tage war er bewusstlos“. [S. 92f] [=Lichter die um Schafe kreisen]
► Neuhausen: „In der Allerseelenwoche sah man bei einer Hofeinöde der Pfarrei Neuhausen bei Pfeffenhausen jede Nacht ein Licht.“ [S. 112]
► Notzenhausen: „Wenn die Dorfbewohner im Herbst und Winter […] vorbeikamen, sahen sie immer ein Licht aufleuchten. Das Licht begleitete die Taglöhner, die von der Arbeit in Giebitz nach Hause gingen, bis zum Dorf. Außerhalb des Ortes liegt ein kleines Moos. Da blieb das Licht regelmäßig kurz stehen. Über den Lichtberg [sic!] verschwand es dann in den Wald“. [S. 120]
► Pfarrkofen: „Einmal fuhr ein Bauer von Ettenkofen frühmorgens, als es noch finster war, nach Landshut. Wie er sich nun Pfarrkofen näherte, kam von dort ein Licht auf ihn zu. Das Licht ging unter den Pferden durch und wieder nach Pfarrkofen zurück“. [S. 136]
► Pöbenhausen: „Vor mehr als fünfunzwanzig Jahren [=etwa 1958] sind der Waldinger Kaspar und seine Frau mit dem Radl von Mainburg nach Gasseltshausen heimgefahren: ‚Da haben wir über Pöbenhausen ein Licht gsehn, wie eine feurige Kugel, groß und rund. Eine Leuchtkugel war es nicht, die hätt ich ja auch kennt, ich war ja im Krieg! Es war mehr eine Flamme“. [S. 139]
► Sandelzhausen: „Der Bauer vom Aignerhof hatte ein Pferd verkauft, das er nun nach Schlott bringen musste. An einem Herbsttag, frühmorgens um fünf Uhr, als es noch finster war, machte er sich auf den Weg. […] Da sah der Bauer ein Licht, das immer auf und ab ging. […] …das Licht blieb da, und das Roß streikte […]. So blieb dem Bauern nichts anderes übrig, als einen anderen Weg einzuschlagen.“ [S. 156]
► Schlott: „Erst vor wenigen Jahren ging eine Frau um Mitternacht den Weg von Pimmerdorf nach Schlott. Als sie zum Eingang ins Schrammerholz kam, erschien plötzlich ein großes Licht, so groß wie das Scheinwerferlicht eines Autos. Bald darauf verschwand es aber spurlos im Wald, woher es gekommen war. Nirgends konnte sie ein menschliches Wesen erblicken.“ [S. 162]
► Siegenburg: „Es war in den achtziger Jahren [=1880]. Da lebte in R. ein frommer, alter Bauer. […] Als er nach St. hinkam, sah er plötzlich im Siegenburger Friedhof eine Unmenge Lichtlein auftauchen. Sie tanzten über die Friedhofsmauer aus und ein und schwebten frei in der Luft, bald höher, bald tiefer. Sie haben dem Bauern aber, als er näher kam, nichts gemacht“. [S. 168]
► Steinbach: „Es mag im Jahre 1920 gewesen sein. Da ging ein Bauernsohn von Aufhausen um die Mitternachtsstunde heim. […] [=da] beugten sich die Bäume über die Straße, so dass er nicht weiterkonnte.
Er ging zurück und wieder vorwärts, […] [=da] geschah das gleiche wie das erste Mal. […] Da aber beugten sich die Bäume wieder über die Straße, ein heftiger Sturm wehte, und eine Stimme rief: ‚Hilf mir! Hilf mir!’ […] [=da] stieg eine große Feuerflamme unter mächtigem Sturmbrausen zum Himmel auf, und die Bäume nahmen wieder ihre gewöhnliche Stellung ein.
Der nächtliche Heimkehrer konnte weitergehen. Vor Aufregung wusste er jedoch nicht, wie er nach Hause gekommen war. Er konnte mehrere Tage nicht mehr arbeiten. Und seine Haare ließen sich einige Tage nicht mehr kämmen, weil sie wie Drahtstifte waren. So hat mir der Bauernsohn, der sie erlebte, die Geschichte selbst erzählt“. [S. 173f]
► Thonhausen: „Auf dem Weg von Thonhausen nach Walkertshofen steht ein Wald. Wer nachts dort vorbeikam, sah jedes Mal plötzlich ein kleines Licht auftauchen. Die Leute zerbrachen sich schier den Kopf über diese Erscheinung und trauten sich bei Dunkelheit nimmer an jener Stelle vorüber.
Eines Nachts fassten mehrere junge Leute den Mut und gingen zusammen den Weg. Wieder erschien das kleine Licht im Wald. Aber als sie darauf losgeschritten waren, war es mit einem Male verschwunden.
Auch sie konnten die Ursache des Geisterlichtes nicht ergründen. Man hat das Lichtlein später nochmals gesehen. Aber nun ist es für immer verschwunden. [S. 182]
► Wolnzach: „Beim Kreuz am Galgenberg bei Thongräben, ebenso beim Kreuz an der Hochstatt zwischen Jebertshausen und Haushausen, wurden an heiligen Zeiten Lichter gesehen, öfter noch in den Schloßwiesen bei Wolnzach.“ [S. 199]
„Fliegende Menschen“, Kornkreise & Co
Beobachtet wurden damals nicht nur „gespenstische Lichter“, die im Kontext von Geistererscheinungen [=Seelenlichter] gesehen wurden, sondern auch „Entitäten“:
► Enzelhausen: Meine Großmutter […] stammt aus Enzelhausen. […] Einmal erzählte sie: Abends, wenn es dunkel wurde, hörte man oft in der Luft ein unheimliches Rauschen […] Hörte man dies […] dann musste man sich sofort auf die Erde legen, das Gesicht nach unten, damit die Augen nicht leuchteten. Sonst konnte es vorkommen, dass die […] einen mitnahmen und über Wald oder über dem Wasser fallen ließen.“ [S. 36]
► Larsbach: „In den Wäldern um Gebrontshausen, Larsbach und Berg war vorzeiten öfters ein graues Männlein zu sehen. Es lockte die Wanderer vom rechten Weg ab, so dass sie meist die ganze Nacht im Wald umherirren mussten. Erst am Morgen fanden sie sich zurecht. Das Männlein verbreitete einen scharfen, widerlichen Geruch, den man schon von weitem wahrnehmen konnte“. [S. 98]
Die Kombination „graues Männlein“ [=Der Gestank der Aliens] und verirrte Wanderer erinnert mich etwas an die Vermisstenfälle die David Paulides untersucht.
Ich hatte mich in der Vergangenheit immer gewundert, dass Kornkreise nicht [oder nur extrem selten] thematisiert worden sind, obwohl sie eigentlich ein perfektes Sagenmotiv darstellen würden.
Jetzt fand ich einen Hinweis aus Rudelzhausen, leider nur ein „Einzeiler“ in Mundart [=übersetzt]:
„Früher waren im Kornfeld immer so Kreise drin“.
Statt dies näher zu erläutern wird das Phänomen gleich mit Rehböcken „erklärt“, so dass wir nichts über Struktur, Größe usw. erfahren können.
Resümee
Es ist aufschlussreich, dass bereits vor dem WW¹ ein ufoähnliches Phänomen in der Hallertau bekannt und mit einem eigenen Namen versehen worden ist. Die Eigenschaften dieser Lichter entsprechen denen in anderen Regionen Deutschlands. Auffällig ist die massive Verbreitung, an sich hat/hatte fast jeder Ort sein eigene Anomalie aufzuweisen!
Ufoscriptorium ∙ Home of Full-Spectrum-High-Strangeness 🖖👽
Zuletzt geändert von greyhunter am 12.07.2018, 09:00, insgesamt 2-mal geändert.
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