Wir leben jetzt seit rund sieben Jahrzehnten in einer Zone des Friedens und des Wohlstandes. Unsere demokratischen Rechtsstaaten, unser kapitalistisches Wirtschaftssystem und unsere soziale Marktwirtschaft sind die tragenden Pfeiler einer Ordnung, die auf den ersten Blick gut, auf den zweiten passabel und auf den dritten zumindest recht erträglich wirkt. Aber seit dem Einsetzen der neoliberalen Strömung und der mit ihr einhergehenden Globalisierung mutiert das Kuscheltier zunehmend zur reißenden Bestie.
Eine neue Unkultur, eine Art Amok-Kapitalismus, bahnt sich ihren Weg durch unsere Lebensweise und scheint bestrebt, zugunsten einer verschwindend geringen Minderheit von Hochvermögenden den Rest der Menschheit zu enteignen und zu reinen Vermögenslieferanten ohne eigene Rechte zu degradieren.
Die Konsequenzen haben bereits begonnen, sich sichtbar zu machen. Nach Frankreich, Griechenland und Spanien wird im Jahr 2011 Großbritannien von einer ersten schweren Protestwelle erfasst, deren Ursachen komplex und landesspezifisch unterschiedlich sein mögen, aber im Grunde doch auf dem selben Kernproblem sockeln: Der Demontage des Wohlstandes der Masse.
Dummerweise zeigt sich das schleichend enteignete Volk strategisch inkompetent. Mit veralteten Konzepten von Meinungs- und Versammlungsfreiheit ausgestattet ergibt es sich der Illusion vom Graswurzelumsturz auf offener Straße, gerade so, als wäre Tahrir-Square mal eben auf einen Sprung vorbeigekommen. Das Ergebnis werden außer blutiger Nasen und verlorener Feldschlachten lediglich Repression und Diktatur sein. Denn genau diese Art von vorgestrigem Widerstandskonzept erwartet das System regelrecht von uns und ist seit Jahren darauf vorbereitet. Gehen wir zu Zehntausenden auf die Straße und schwenken Transparente, spielt es einfach keine Rolle mehr, ob wir den ersten Stein werfen oder nicht, zugeschlagen wird ohnehin dann, wenn die Polizei es will.
Ebenso falsch und strategisch kaum mehr als ein Suizid auf Raten ist es, sich dem Gegner mit brennenden Autos – in Guerillamanier nächtens abgefackelt – oder noch schlimmer – mit willkürlichem Vandalismus wie in London ans Messer zu liefern. Das System kennt diese Taktiken schon längst und hat neben seiner geschlossenen Propagandafront in Funk und Fernsehen seine geheimdienstlichen und polizeilichen Greiftrupps auf Abruf bereit stehen. Das Resultat ist nichts weiter, als ein jahrelanger Zermürbungskrieg, der auf propagandistischer Ebene von vornherein verloren ist, weil die Medienhunde schon reflexartig das Loblied auf Freunde und Helfer wider die anarchistischen Chaoten anstimmen.
Woran es dem Volk seit Menschengedenken mangelt ist die strategische Kreativität, fußend auf einer Einschätzung von Fähigkeiten und Absichten des Gegners und ausgerichtet auf die Schwachstellen im tragenden Pfeiler des Systems. Stattdessen wird dumpf und immergleich demonstriert oder von vornherein kapituliert. Der Einzelne, der sich selbst als wehrlos und handlungsunfähig betrachtet, versinkt so lange in Stagnation, bis der Masse der Kragen platzt und unbändige – und ebenso unreflektierte - Wut sich ihren Weg zu irrationalem und affektivem Herdengetrampel bahnt. Kriegt er dann ausreichend aufs Maul, zieht er sich geschlagen und emotional unterkühlt erneut in die Kapitulation zurück.
Wenn es eine weniger erfolgversprechende Art und Weise gibt, eine Veränderung anzustreben, so ist sie mir bis dato unbekannt.
Was ich im Folgenden zu liefern gedenke ist eine neue Herangehensweise, ein Vorschlag zur Revolution, der spezifisch auf die schwächsten Elemente im System Kapitalismus abzielt und bestrebt ist, dem Widersacher dort das Messer anzusetzen, wo es ihn schutzlos treffen kann. Die Konsequenzen werden daraufhin untersucht, wie viel Schaden sie beim Gegner anrichten können und welche Eigenverluste zu erwarten sind. Was danach kommt, steht auf einem völlig anderen Blatt. Und den Fehler, illusorische Verbesserungsvorschläge zu liefern und schulmeisternde Alternativen anzubieten überlasse ich Anderen.
Was ich will, ist der Sieg des einfachen Bürgers über ein pervertiertes System, das diesen zu versklaven droht. Am Ende meines Denkprozesses steht keine neue Welt, sondern nur die Trümmerhaufen der alten.
Dann erst ergibt sich die Notwendigkeit zur Alternative.
Heute stehen wir im Krieg.
Es wäre müßig, sich vor morgen früh schon den Frieden auszumalen.
Um in einem Krieg zu bestehen sollte man einige Parameter als unbedingt einzuhaltend betrachten. Es hat wenig Sinn sich mit aufopferungsvollem Todesmut in den sicheren Untergang zu stürzen, vielmehr ist es erstrebenswert, den Gegner so empfindlich wie möglich zu treffen, ohne dabei selbst getroffen zu werden. Feiglinge mögen vielleicht nicht den Ruhm der Geschichte ernten, aber sie sind auf jeden Fall gesundheitlich dauerhaft im Vorteil. Die pure Feigheit gepaart mit ausreichend Intelligenz und Kreativität kann etwas ermöglichen, das den größten Helden stets vorenthalten blieb: Sieg ohne Risiko. Die erzwungene Niederlage des Gegners ohne Eigenverlust ist das höchste Gut, das es bei der Ausarbeitung einer Strategie anzustreben gilt.
Und genau das habe ich vor.
Eins zu eins umgesetzt, was auf den folgenden Seiten geschrieben steht, ist der Totalzusammenbruch des Kapitalismus und unserer scheinheiligen Pseudodemokratien – die in Wahrheit längst zu Plutokratien mutiert sind - ein Kinderspiel, bei dem nicht ein Tropfen Blut fließen wird. Und alle Vorbereitungen des Systems für den unausweichlich näher rückenden Tag X wären dann reine Zeitverschwendung gewesen. Denn das System hat sich auf eine spezielle Art und Weise der Kriegsführung vorbereitet. Wenn wir ihm diese jedoch nicht bieten, hat es seinen einzigen strategischen Vorteil verloren.
Und ihm diese nicht zu bieten ist denkbar einfach.
Alles, was wir dafür tun müssen, ist .... NICHTS!
Oder einfach nur weniger.
TEIL 1 - Know your Enemy
Wirtschaft kann auf verschiedene Arten funktionieren. Die meisten davon sind lanfristig gut stabilisierbar und führen zu einer Art konstantem, aber sehr gebremstem Wachstum, stets proportional zur Bevölkerungszunahme. Mehr Konsumenten, mehr Nachfrage, mehr Angebot, mehr Verkauf, mehr Gewinn.
Der Kapitalismus hat sich von dieser halbwegs realistischen Dynamik von vornherein verabschiedet und ein ehernes Gesetz zur Grundlage des Unternehmertums gemacht: Gewinnmaximierung.
Man beachte die Wortwahl!
Nicht die Erzielung von Gewinn, nicht dessen langfristig angelegte Erhöhung, nein ... nichts weniger als seine Maximierung gilt als tragendes Dogma der Wirtschaftslehre. Was heute ein Rekordumsatz war, muss morgen selbstverständlich geworden sein und übermorgen bei Weitem überflügelt werden. Und Maximierung impliziert, dass ohne Rücksicht auf Verluste alles erreicht werden muss, was erreicht werden kann. Darunter geht es zwar auch, aber darunter will man eben nicht.
Diese Dynamik zettelt unvermeidlich eine exponentielle Entwicklung an. Das Streben nach Gewinnmaximierung zwingt sich selbst in eine nie enden wollende Rekordjagd und führt so automatisch von Null auf Hundertachtzig.
Kapitalismus verhält sich wie ein Radrennfahrer, der immer bestrebt ist, seine momentane Geschwindigkeit höher zu halten, als die errechnete Durchschnittsgeschwindigkeit. Das mag anfangs eine interessante Herausforderung sein, die den Charakter von Ansporn und Kampfgeist in sich trägt. Aber je länger die Fahrt dauert, desto selbstzerstörerischer wird der Versuch. Die aufgrund der ständig höheren Momentangeschwindigkeit auf Dauer immer weiter steigende Durchschnittsgeschwindigkeit erreicht irgendwann einen kritischen Punkt, an dem ihre Überflügelung - abhängig vom Straßenverlauf und den Steigungen - kaum noch zu bewältigen ist. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der Radfahrer vollständig ermattet zu Boden sinkt und feststellen muss, dass ihm der letzte Kilometer den absoluten Rest gegeben hat. Bis dorthin wird er vermutlich schon einige Kilometer weit aus dem vorletzten Loch gepfiffen haben. Die Kraft wird ihn am Ende verlassen haben, sein Treibstoff ist zu Ende und sein Streben nach Maximierung kann nur und ausschließlich im Stillstand enden. Vielleicht überholt ihn in diesem Stadium der Entwicklung noch die alte Oma auf ihrem klapprigen Waffenrad, die eine halbe Stunde nach ihm in die selbe Richtung aufgebrochen ist, und langsam, aber dafür kontinuierlich im Tritt blieb.
Der "Kraftstoff", der das System Kapitalismus antreibt und mit zunehmender Momentangeschwindigkeit in immer größerem Ausmaß nachgepumpt werden muss, um das Prinzip der Gewinnmaximierung (immer über der Durchschnittsgeschwindigkeit) aufrecht zu erhalten, ist Liquidität. Nicht unbedingt Geld, das lediglich die verbildlichte Darstellung dieser Liquidität verkörpert. Dennoch ist es genau dieses Geld, das wir alle in der Brieftasche mit uns herumtragen, das dieses Wettrennen des Wahnsinns antreibt. Sickert von unten, vom tragenden Fundament der Gesellschaft - also der Masse der Menschen - zu wenig davon nach, wird das System früher oder später in eine gefährliche Schieflage geraten.
Wozu also Widerstand?
Der Kollaps kommt doch ohnehin zwingend, ob früher oder später.
Der Unterschied zwischen früher und später aber ist vermutlich der Unterschied zwischen Freiheit und Sklaverei.
Was die politischen Schoßhündchen des Großkapitals brauchen wie einen Bissen Brot, ist ausreichend Zeit, um die kommenden Umbrüche vorzubereiten, deren Verlauf nach ihren Vorstellungen zu gestalten und das Ergebnis zu planen und zu realisieren. Was sie absolut nicht brauchen können, ist eine Beschleunigung des Zerfalles, der sie vor sich hertreibt und ihnen nicht genug Muße beläßt, alle Entwicklungen vorauszuahnen. Gelingt es uns, den Zusammenbruch des Kapitalismus merklich zu beschleunigen, verlieren Kapital und Politik die Kontrolle über die Abläufe und werden von den Ereignissen überrollt. Lassen wir sie aber weiterhin mit einem "Rettungspaket" nach dem anderen immer wieder noch ein paar Monate Zeit gewinnen, geben wir ihnen die Möglichkeit, der Entwicklung voraus zu sein. Und damit auch uns. Ihre Pläne von Überwachungsstaat und Transferunion, Sozialabbau und zentraler EU-Regierung in Brüssel können nur funktionieren, wenn sie schrittweise ausgearbeitet und umgesetzt werden, nicht wenn sie in heller Panik von heute auf morgen alle gleichzeitig aktiviert werden müssen.
Wir müssen also nicht mehr und nicht weniger tun, als den ohnehin unausweichlichen Ablauf der Dinge so massiv wie möglich zu beschleunigen.
Wie aber macht man das?
TEIL 2 - Kick Ass
Wo bleibt bei diesem Konzept eigentlich das Revolutionäre?
Hier ist es: Wir müssen dafür sorgen, dass der ständige Zufluß des Kraftstoffes Geld zusehends versiegt.
Das System bezieht die oben zitierte Liquidität im Grunde nur aus zwei Quellen: Steuern füttern den politischen, Konsum den wirtschaftlichen Flügel. Vergessen wir Notenbanken, Zinssystem und Geldschöpfung, denn diese Faktoren sind lediglich eine Trichteröffnung der Sanduhr. Um in den Witschaftskreislauf zu gelangen und in Folge zu Gewinnen am anderen Ende der Sanduhr auszukristallisieren muss jegliches - wie auch immer erschaffenes - Geld durch einen Engpaß, wie der Sand in der Sanduhr. Und dieser Engpaß sind unsere Geldbörsen. Nur wenn wir das geschaffene Geld durch unsere Arbeitsleistung verdienen, zahlen wir Steuern und kaufen ein. Natürlich verzahnen sich diese Bereiche, denn auch wenn wir Einkaufen, fallen Steuern ab, aber es geht auch nicht darum, den Geldfluß vollständig zum Erliegen zu bringen. Dies ist erstens nicht praktisch machbar, weil wir sonst alle verhungern und zweitens nicht notwendig, weil das Prinzip der Gewinnmaximierung schon zusammenbricht, wenn ihm die Rekordjagd verunmöglicht wird. Unser Radrennfahrer hätte natürlich an jedem Punkt seiner Wahnsinnsfahrt die reale Möglichkeit, das Dogma "Momentangeschwindigkeit über Durchschnittsgeschwindigkeit" aufzugeben und im Rahmen seiner Kraftreserven wieder in angemessenem Tempo weiterzustrampeln, aber weil er eben dogmatisch ist, wird er erst aufhören, wenn er aus dem Sattel kippt. Genau das wird auch dem System passieren, weil seine Nutznießer absolut unwillig sind, auf ihr Dogma der Gewinnmaximierung zu verzichten.
Schon eine drastische Schmälerung des Wirtschaftswachstums löst Krisenstimmung aus, ein gleichbleibendes Niveau - also weder Wachstum noch Schwund - verursacht bereits Nervenzusammenbrüche und ein - auch nur geringer - Schwund hat Katastrophencharakter. Eine Wirtschaftskrise zu verhindern wird mit zunehmender Dauer des kapitalistischen Pyramidenspieles immer schwerer, sie herbeizuführen immer leichter. Wir aber haben Angst vor der Wirtschaftskrise, als ob sie uns wirklich treffen könnte. Eiskalt erwischt wird von einer Krise aber eigentlich nur derjenige werden, der etwas Materielles, Kapitalgebundenes zu verlieren hat. Je reicher eine Person, desto größer ihre potentielle Verlustsumme. Der obdachlose Penner verliert selbst bei einem Totalzusammenbruch der Wirtschaft rein gar nichts.
Unsere Taktik also leitet sich aus dieser Erkenntnis folgendermaßen ab:
Je weniger wir konsumieren, desto weniger füttern wir das System, desto weniger besitzen wir, desto unanfälliger für einen Systemkollaps sind wir und umso näher drängen wir genau dieses System an seinen Kollapspunkt heran. Hören wir auf, immer mehr zu wollen, können wir es uns bald leisten, nicht mehr zu arbeiten, weil der niedrigere Lebensstandard auch mit Hartz IV noch immer aufrecht erhalten werden kann. Der Schaden für das System multipliziert sich an diesem Punkt bereits. Nicht nur, dass seine Kraftstoffzufuhr durch nachlassendern Konsum sinkt, es verliert auch mangels unserer Arbeitsleistung Produktivität und Steuern und ist obendrein auch noch mit Kosten für unsere Erhaltung belastet, weil es sich einbildet, so demokratisch und sozial sein zu müssen, wie es von sich selbst zum Zwecke der Irreführung und des In-Sicherheit-wiegens seiner Kraftstofflieferanten immer behauptet. Erweitern wir unsere Boykottstrategie noch um den Faktor "Bankenentkapitalisierung", indem wir unser Arbeitslosengeld über die Post auszahlen lassen bzw. das Konto sofort wieder leerräumen, sobald wir die Überweisung bekommen haben, sägen wir gleich noch an einem weiteren tragenden Ast: dem Kreditsystem. Würden alle Guthaben, Bausparverträge, Fondseinlagen und Lebensversicherungen vom jeweiligen Inhaber aus dem Bankensektor abgezogen, wäre die Eigenkapitalausstattung der Banken so drastisch reduziert, dass eine weitere Kreditvergabe immer unmöglicher wird. Und da Banken durch die Eigenkapitaldeckung von 10% laut Basel III aus 100 Euro Guthaben 1000 Euro frisches Kreditgeld zeugen dürfen, treten wir dem System mit dem abgezogenen Geld gleich mal mit zehnfachem Hebel in den Arsch.
Hat man jenen Punkt erreicht, an dem kein pfändbarer Besitz mehr greifbar ist, kann man dann auch noch so frech werden und seine Schulden nicht mehr bedienen, weil es kein Mittel mehr gibt, diese einzutreiben. Platzende Kreditblasen erweisen sich bekanntlich als wirksamerer Sprengstoff als jede Autobombe, das hat 2008 bewiesen.
Man kann es auch einfacher sagen: Hören wir auf, ständig Scheiße zu kaufen, die wir nicht brauchen, dann können wir bald auf die Jobs verzichten, die wir hassen.
Diese Strategie hat einige wesentliche Vorteile:
- Die hochgerüsteten Hundertschaften der Bereitschaftspolizei, geschult und ausgerüstet für die offene Feldschlacht der Demonstrationsbekämpfung, laufen vollständig ins Leere und wurden komplett umsonst aufgestellt, weil sie keinen Feind haben, der so dumm ist, sie auf offenem Feld herauszufordern.
- Die Eigenverluste sind also mangels irgendwelcher gewaltsamer Konfrontationen original gleich Null. Wozu sich am Berliner Alexanderplatz niederknüppeln lassen, wenn es zuhause auf der Couch viel friktionsfreier wesentlich wirksamer geht?
- Das System verfügt über keine Zwangsmittel, solange wir freundliche Nasenlöcher machen, den Betreuer am Arbeitsamt nicht unnötig provozieren und die behördlichen Vorgaben halbwegs einhalten bzw. uns lieb und nett entschuldigen und Besserung geloben, wenn wir das mal vergessen haben sollten. Ernsthaft fallen lassen kann uns Vater Staat nicht, weil er in seinen eigenen Gesetzen unsere Erhaltung gelobt hat und obendrein befürchten muss, dass eine kritische Masse an Fallengelassenen zu einem ernsthaften polizeilich/militärischen Problem mutiert. Das System will ja gerade vermeiden, dass uns zu viel auf einmal zugemutet wird, weil wir sonst vielleicht wirklich offen revoltieren. Besser wäre es, uns so lange bei Laune zu halten, bis alle Vorkehrungen getroffen werden konnten, um millionenfachen Protest gewaltsam niederzuhalten. Darum rettet man sich mittels Rettungspaketen ja immer wieder ein paar Wochen länger über die Runden. Wir müssen nur schneller sein, als im Plan vorgesehen!
- Unsere Verluste im materiellen Sinn können von jedem einzelnen kontrolliert und abgestuft herbeigeführt werden und sind nicht mehr das Ergebnis eines überraschenden finalen Zusammenbruches, sondern eines willentlich eingeleiteten Verzichtsprozesses. Anstatt bis zuletzt noch so viel wie möglich und am Ende urplötzlich gar nichts mehr zu haben, können wir uns langsam vom Konsumjunkie-Dasein herunterdosieren und damit den irgendwann unvermeidlichen Aufprall aus selbstgewählt geringerer Höhe sehr glimpflich überstehen. Mal ehrlich? Was braucht man denn wirklich zum Leben?
- Schlußendlich werden wir an dem Punkt, an dem der Kollaps eingetreten ist, diejenigen sein, die am leichtesten damit klarkommen, weil wir bis dahin den Verzeicht erlernt haben können. Während in krankhaftem Statusstreben gefangene Systemtreue in ihrem Wahn, sich glücklich kaufen zu können, schlagartig von weit oben nach sehr weit unten abrutschen werden und damit auch einen psychologisch wirksamen Schockeffekt riskieren, haben wir neben den geringeren materiellen Einbußen auch bei weitem keine so drastischen seelischen Turbulenzen zu bewältigen.
Mir ist absolut klar, dass diese Strategie nicht von jedem einzelnen in dem von mir vorgeschlagenen Ausmaß durchgezogen werden kann, aber das ändert nichts daran, dass jeder einzelne Teilschritt in diese Richtung zur Gesamtbelastung des Systems beiträgt. Im Grunde reicht es schon, sein Geld immer sofort am Tag der Überweisung vom Konto zu nehmen und den Bausparvertrag nicht zu erneuern, wenn er ausgelaufen ist, sodaß dieses Kapital dem Bankensektor auch abhanden kommt. Wenn jeder freiwllig nur so weit zurückschraubt, wie er es momentan ertragen kann, kommt unter dem Strich schon eine satte Liquiditätsreduktion heraus und es ändert sich bereits die Zeitdynamik des Verfalls merklich. Je mehr Menschen so weit wie möglich nach unten fahren mit ihren Ansprüchen, desto effektiver wirkt diese Boykottstrategie. Das lebende Beispiel wiederum könnte dann Freunde und Bekannte animieren, es nachzuahmen und so könnte die Reichweite vergrößert werden. Eine Art mentaler Gegentrend zum Konsumwahn sollte das Ziel dieser Kampagne darstellen. Kauf nicht, was Du nicht wirklich brauchst, ist die Idee dahinter. Das ist viel verlangt, das ist mir klar. Aber es ist wesentlich weniger verlangt, als die Beteiligung an einer Demo, die von der Polizei zur offenen Feldschlacht umfunktioniert werden wird und mit ein paar Blutergüssen, Tränengas in den Augen und ein paar Knochenbrüchen enden kann.
Wozu wärst Du persönlich leichter zu überreden? Zu einer Tracht Prügel mit anschließendner Untersuchungshaft und folgender Anklage wegen Landfriedensbruch oder zum Verzicht auf ein neues Handy?
Diese Strategie ist feige, verlogen und dreckig. Aber wirksamer und einfacher als ritterlicher Heldenmut.
Es ist der Guerillakrieg des unbewaffneten Angsthasen. Dagegen helfen weder Notstandsgesetze noch Ausgangssperren, weder Demonstrationsverbot noch Internetzensur. Um nicht zu konsumieren brauche ich nichts. Und ich muss auch nichts dafür tun. Ich kann also im Gegenteil sogar noch meiner natürlichen Trägheit fröhnen. Und gewinne im Tausch für weniger Material mehr Freizeit, die ich nach meinem Gutdünken gestalten kann.
Will man einen Baum fällen, sägt man den Stamm ab, nicht jeden Ast einzeln.
Kapitalismus steht als riesiger, weit verzweigter und nahezu unknackbar komplexer Moloch auf nur einem Bein: Seiner Liquidität.
Entziehen wir ihm unsere Arbeitsleistung und so viel von unserem Geld wie möglich, dann bricht ihm sein einziger Halt weg.
Es könnte so einfach sein.
Wenn Du persönlich aufhörst, Scheiße zu kaufen, die Du in Wahrheit eigentlich nicht brauchst ....
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